Drei Texte zur Geschichte der Kirchengemeinde Scherneck
Aus dem Jahr 1996
Erstmals in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts urkundlich erwähnt. “Schernecke”, vom mhd. schere, “Felszacke, Klippe”; tatsächliche liegt der Ort auf einer Felsenecke, Felsenzacke. Früher befand sich hier wohl auch ein Ansitz mit den Herren von Burghausen. Die Lage der Kirche weist diese ursprünglich als eines Wehrkirche aus! Besonders eindrucksvoll ist daher der Blick vom Osten, vom Tal der Itz her.
Turm mit Scharwachttürmchen, spätmittelalterliche. Die Kirchengemeinde im südlichen Itzgrund (sächsisches Territorium, Ortland in Franken) gehörten einst zur Pfarrei Altenbanz (Niederfüllbach, Untersiemau, Großheirath und Scherneck sowie Watzendorf und auch Grub am Forst). Während der Reformationszeit schlossen sie sich um 1520/28 dem evangelischen Glauben an. Scherneck wurde 1540 eigene Pfarrei und nach dem 30jährigen Krieg eine eigene Adjunktur, somit Mittelunkt der vier Pfarreien Großheirath, Watzendorf, Untersiemau und eben Scherneck (blieb bis in die 30er Jahre des 19. Jahrhunderts Adjunktur).
Während des 30jährigen Krieges war die Kirche - wie viele andere Kirchen im Itzgrund - wohl während der 30er Jahre des 17. Jahrhunderts abgebrannt. Der Itzgrund hatte vor allem unter den zahlreichen Durchmärschen der Heerestruppen und Soldatengruppen zu leiden. 1651 wurden zunächst unumgängliche, darum wohl auch nur notdürftige Reparaturen “an der abgebrannten Kirchen alhie” durchgeführt (Mauer, Türen, Fenster, neuer Putz im Innenraum). Nach der Jahrhundertwende wurde nun ein Neubau der Kirchen in Angriff genommen.
Bereits Anfang 1705 lagen Kostenvoranschlag und Bau-Modell für den Kirchenneubau vor. Den Auftrag erhielt der Coburger Baumeister Hans Friedrich Weinlein (1668–1710). 860 Gulden bekam er “vor gesambte seine Arbeit und Verfertigung derselbigen inclusive deß Tranckgeld laut deß riß u. andern Accords”. Für die “Ausstaffierung der Canzel” erhielt der Coburger “Fürstl. Sächs. Cammerdiener und Hoffmaler” Johann Schuster 54 Gulden. Es ist eine genaue Farbgestaltung bzw. Beschreibung der Farbgebung des Künstlers überliefert (PfA Scherneck). So konnte die Kirche bereits wieder 1707 eingeweiht werden. Die Sakristei wurde 1731 angebaut.
1896 wurde das Innere der Kirche neu gemalt: Die Chorwände im unteren Bereich mit Teppichmustern, die Anfänge des Gewölbes und Einfassungen der Grate mit Blättern und Linien, der Triumphbogen mit Blumen, Mustern und geometischen Ornamenten, die Bänke und Emporen mit holzbraunen Ton, mit hellen Füllungen und Goldleisten, die Langhausdecke mit Feldereinfassungen und Mittel-Ornamenten der Felder, gelblich und bräunlich (alles nach “neugotischer” Vorstellung.
1969–70 wurde die Kirche erneut renoviert und in den heutigen Zustand gebracht. Dabei wurden sowohl die Originaldecke (mit dem Symbol des Gottesaugese bzw. der Trinität) als auch die Emporen in ihrer ursprünglichen Fassung (mit Emporengemälden usw.) wieder hergestellt. Zwei Farbschichten mußten dabei entfernt werden: eine ältere weiße (aus dem 19. Jahrhundert) und eine jüngere mit braunem Ton (von 1896). Der Chorraum wurde ebenfalls in seinen früheren Zustand gebracht, ebenso die Kanzel mit dem Kanzeldeckel und der Mosefigur neu gefaßt.
Die große Mosefigur steht in langärmeligem, reichgefaltetem Rock und Mantel auf einer Nachahmung von Felsen und Pflanzenwuchs; die Kanzel ist mit Ecken versehen, auf deren Konsolen gut geschnitzte Figuren Christi und der Evangelisten stehen, einschließlich Petrus und Paulus. “Der rechteckige als Gebälk gestaltete Schalldeckel zeigt an der Unterfläch das Dreieck in Strahlen (korrespondiert mit dem Gottesauge an der Holzdecke) und die freischwebende Taube”. Bekrönt wird der Schalldeckel von den sitzenden Figuren Gott-Vaters mit der Weltkugel, Christi mit dem Kreuz und dem Heiligen Geist in Strahlenform. Der Taufstein stammt von 1634.
Neben der Kanzel mit dem Moses als Kanzelträger und den Gebotstafeln ist besonders die Holzdecke mit ihren Gemälden (Gestirnen) beeindruckend: da ist der Himmel auf Erden greifbar.
Von Pfr.i.R. Rainer Axmann (18.04.1996)
Kirche und Carl-Mühle vom früheren Dorfteich aus gesehen
Aus dem Jahr 1984
Viele Autofahrer, die südlich von Coburg auf der Bundesstraße dahinfahren, sehen bei Untersiemau auf der anderen Seite des Tals der Itz den Ort Scherneck liegen. Und doch finden nicht allzu viele den Weg in diese Ortschaft hinein, deren Kirche mit ihrem spitzen Turm und den vier kleinen Scharwachttürmen auf einem Felsen über der Itz thront und in dieser Gegend weithin zu sehen ist.
Auch kirchlich lag diese Gemeinde etwas am Rande des Geschehens. Sie war zwar Mitte des 17. Jahrhunderts Sitz einer Adjunktur geworden, also ein kirchliches Unterzentrum im Herzogtum Coburg, wurde aber ab 1880 nicht mehr mit einem eigenen Pfarrer besetzt, sondern von Untersiemau aus mitversehen. Erst 1946 bekam Schemeck wieder einen eigenen Seelsorger. Dieser hat nicht bloß den Ort Scherneck selber zu betreuen, sondern auch Stöppach, Haarth, Meschenbach, Wohlbach, Ziegelsdorf und Teile von Hohenstein. Damit wohnen etwa zwei Drittel der ungefähr 1650 Gemeindeglieder in den Außenorten.
Mittelpunkt für die ganze Gemeinde ist die Kirche, deren ältester Teil ein spätgotischer Chorturm ist mit starken Grundmauern aus klobigen, behauenen Steinen in recht verschiedenen Farben. Doch auch diese starken Mauern konnten die Kirche nicht davor bewahren, im Dreißigjährigen Krieg (1632) ein Opfer der Flammen zu werden. Als diese unruhigen Zeiten vorbei waren, wurde die Kirche wieder erneuert.
Besonders schön gelang dabei die Gestaltung der Kanzel. Sie wird von einer mächtigen Mosesstatue getragen und ist von sieben Schnitzfiguren aus der Zeit von 1650 umgeben; diese stellen die wichtigsten Zeugen des Neuen Testaments dar. Da sehen wir neben den vier Evangelisten den Vorläufer Jesu, Johannes den Täufer, und Petrus und Paulus als die wichtigsten Briefeschreiber der Bibel. In den Feldern dazwischen kann man in altertümlichen Buchstaben Sprüche aus ihren Schriften lesen. Durch diese Gestaltung soll ausgedrückt werden, daß auf dieser Kanzel Gottes Wort gepredigt werden soll, wie es im Neuen Testament zu finden ist und sich auf Gottes Bund im Alten Testament gründet.
Die Kirche selbst vermag eine große Schar von Gläubigen aufzunehmen. Sie bietet nicht bloß die Plätze auf den Bänken im Kirchenschiff, sondern auch auf drei Emporen, deren oberste schon ganz nah am Himmel ist. Als Himmel ist nämlich die Decke der Kirche gestaltet. Ihre Holzbretter sind mit der blauen Farbe des Himmels bemalt und mit vielen Sternen übersät. In ihrer Mitte brechen aus einem Dreieck mit den Buchstaben des hebräischen Gottesnamens die Strahlen der göttlichen Herrlichkeit in alle Richtungen hervor. Die leuchtenden Farben von Kanzel, Emporen und Decke sind ein Zeichen für die Freundlichkeit der Botschaft, die hier verkündet werden soll. An Festtagen werden die Gottesdienste von den Gesangvereinen der einzelnen Ortschaften feierlich ausgeschmückt. Unter dem Kirchenboden ruhen die Gebeine der früheren Patronatsherren der Kirche, nämlich der Herrschaften von Ziegelsdorf und Hohenstein. Der durch die Wehrmauer abgegrenzte Platz um die Kirche war in früheren Zeiten der Friedhof der Gemeinde. An der Kirchenmauer kann man heute noch auf Grabsteinen die Namen der Geistlichen entziffern, die einst in dieser Kirche gepredigt haben.
Natürlich sind die Zeiten längst vorbei, als die Mehrzahl der Gemeindeglieder bäuerlich geprägt war. Heute gehören zu ihnen viele Arbeiter der örtlichen Betriebe und viele Pendler. Da die Gemeinde auf so viele Ortschaften verstreut ist, finden in den Winterwochen neben den Gottesdiensten auch Bibelabende in den einzelnen Orten statt, bei denen man sich um den Tisch herum mit dem Wort der Bibel beschäftigt, miteinander singt und in fröhlicher Weise die jüngsten Neuigkeiten bespricht. Ein Frauenkreis und ein Seniorenkreis kommen im Gemeinderaum des Pfarrhauses regelmäßig zusammen.
Das Bild der Schernecker Kirche, das in grafischer Gestaltung den Erinnerungsschein jedes Konfirmanden schmückt, möchte die Menschen dazu einladen, immer wieder Gottes Wort zu hören.
Theodor Weißmann, Pfarrer in Scherneck von 1969–1980
Aus dem Jahr 1954
Die Evang.-Luth. Pfarrei Scherneck
Wie alle Pfarreien des Itzgrundes war Scherneck ein Filial von Altenbanz. Im gesamten Coburger Lande wurde bereits um 1524 evangelisch-lutherisch gepredigt.
1540 bekam Scherneck den ersten evang.-luth. Pfarrer, Johann Walter. 1525, während des Bauernkrieges und 1632, während des Dreißigjährigen Krieges ist Scherneck abgebrannt und jedes Mal auch die Kirche mitverbrannt.
Bis 1880 war Scherneck selbständige Pfarrei. Am 5. 4. 1880 wurde Scherneck mit Untersiemau vereinigt. Es wurde bereits, nach dem Tode von Pfarrer Herd 2 Jahre von Untersiemau mitbetreut.
1946 bekam Scherneck wieder einen eigenen Seelsorger, wurde aber erst wieder 1948 selbständige Pfarrei. Zur Pfarrei Scherneck gehören die Ortschaften: Scherneck, Ziegelsdorf, Meschenbach, Haarth, Stöppach, Hohenstein, mit Ausnahme des Schlosses, und Wohlbach. Die Kirchengemeinde hat 1344 Seelen.
Das Bedeutsamste der Schernecker Kirche ist die um 1650 [nach Axmann nicht vor 1707!] erbaute Kanzel. Sie wird von Moses getragen, der mit dem Kopf und der erhobenen linken Hand die ganze Kanzel hält. An der Kanzelbrüstung sind geschnitzte Figuren: Christus [richtig: Johannes der Täufer!], die vier Evangelisten, Petrus und Paulus. Leider ist die gesamte Kanzel, die ursprünglich bunt gehalten war, in einer Zeit, wo man dafür kein Verständnis hatte, grau übermalt worden.
An der Brüstung der Orgelempore ist ein Ölgemälde der Himmelfahrt Jesu, genau darunter an der untersten Empore ein Ölgemälde: Aaron räuchernd im Allerheiligen des Tempels. Außerdem hat die Kirche 2 Lutherbilder: Luther auf der Wartburg bei der Bibelübersetzung und Luther als Prediger.
Die Holzdecke des Kirchenschiffes ist in Felder eingeteilt und verziert.
Die Orgel ist eine zweimanualige, 16 Register umfassende Barockorgel. Die Keilblasebälge wurden 1953 in einen Magazinblasebalg umgebaut. Im gleichen Jahre wurde die Orgel überholt, gegen Wurmfraß getränkt und 21 Metallpfeifen ersetzt.
Die Glocken sind Klangstahlglocken. Sie wurden 1920. von Schilling in Apolda gegossen. Die große Glocke, auf den Ton fis gestimmt, trägt die Inschrift: „1920. In eiserner Zeit”, die mittlere Glocke im Ton ais hat die Inschrift: „Erz gab ich, Eisen empfing ich”. Die kleine Glocke cis hat als Aufschrift das Wort aus Schillers Gedicht „Die Glocke”, „Friede sei ihr erst Geläut”.
1892 hat der Außenaufgang der Empore eine steinerne Treppe bekommen.
Von den Epitaphien der Kirche sind zu nennen: An der Südseite das von Frau Pfarrer Margarete Scharff + 1700, das von Pfarrer Joh. Chr. Scharff + 1702 und das von Pfarrer Joh. Phil. Schorn + 1711, an der Stirnseite des Turmes das von Pfarrer Joh. Stüllein +1720.
Am Ewigkeitssonntag 1950 konnte die Schernecker Leichenhalle eingeweiht werden.
Seit 1950 werden in Hohenstein am 2. Sonntag im Monat, nachmittags um 2 Uhr, in der Schloßkapelle oder bei großer Kälte im Speisesaal des Schlosses, nachmittags um 1 Uhr, Gottesdienste gehalten. Der Ahorner und der Schernecker Pfarrer wechseln sich in Hohenstein ab. Bibelstunden werden im Winter in Scherneck im Konfirmandenraum, in Stöppach und in Wohlbach in der Schule und in der Haarth in einem Gasthaus gehalten.
Die Schernecker Gottesdienste finden um 9 Uhr statt.
Das Bild unserer Kirche ist die verkleinerte Wiedergabe unseres seit 1951 eingeführten Konfirmationsscheines von Graphiker Gerhard Schmidt-Kaler, Möhrendorf bei Erlangen.
Pfarrer Ernst Jaeger
(Aus: Evangelische Kirchen im Coburger Land, Coburg 1954)